B e s c h l u ß
des 92. Ordentlichen Landesparteitages
am 5. Januar 2000 in Stuttgart

 

BILDUNGSPOLITIK

 

Gegen einen bildungspolitischen Rückfall in die 60er Jahre - für das "Erweiterte Kurssystem" als liberale Antwort auf Schavans Pläne

Die F.D.P. Baden-Württemberg setzt sich entschieden gegen die Abkehr vom Kurssystem in der gymnasialen Oberstufe ein, die mit der vom Kultusministerium geplanten Reform der gymnasialen Oberstufen verbunden ist. Die Abschaffung des Kurssystem und eine Rückkehr zum Klassenverband würde eine Rückwärtsrolle in die 60er Jahre bedeuten.

Am Vorhaben der Kultusministerin ist unter anderem besonders zu bemängeln, dass das hohe Niveau der Leistungskurse verloren ginge, wenn in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprache A wieder alle Schüler einer Stufe - gering Motivierte wie Hochmotivierte - säßen. Das Kurssystem der gymnasialen Oberstufe mit den entsprechenden Wahlmöglichkeiten hat sich aus Sicht der Liberalen bewährt. Die Möglichkeit einer maßvollen Spezialisierung durch individuelle Schwerpunksetzung in der Oberstufe hält die F.D.P. Baden-Württemberg für eine sinnvolle Einrichtung. Gerade als Liberale wollen wir Wahlmöglichkeiten für Schüler in einem sinnvollen Maß erhalten.

Im Rahmen eines Gesamtkonzepts für die Weiterentwicklung des Gymnasiums muss es Ziel einer Reform der gymnasialen Oberstufe sein, die Allgemeinbildung der Absolventen des Gymnasiums zu verbessern und durch angemessene Anhebung des schulischen Niveaus die Studierfähigkeit für alle Abiturienten sicherzustellen. Dies liegt nicht zuletzt im Interesse der Schüler selbst.

Die F.D.P. Baden-Württemberg unterstützt das vom Landesschülerbeirat entwickelte Modell zur Neustrukturierung der gymnasialen Oberstufe, das erweiterte Kurssystem. Dieses wird unserem gemeinsamen Anspruch gerecht, das schulische Niveau anzuheben, jedoch auch das Interesse der Schüler sowie die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen, nach wie vor einige Schwerpunkte in bestimmten Fächern zu setzen und dadurch ihren Neigungen gerecht zu werden.

Konkret sieht dieses Modell vor:

  1. Den Pflichtbereich mit:

    1. Beibehaltung des Kurssystem und damit Erhalt der Wahlfreiheit der Schüler

    2. Anhebung der Wochenstundenzahl in den sogenannten "Kernfächern" Deutsch, Mathematik und Fremdsprache A auf jeweils vier Wochenstunden (bisher drei)

    3. Eine Naturwissenschaft aus Biologie, Chemie oder Physik dreistündig

    4. Zweistündig Musik oder Bildende Kunst, sowie Geschichte oder Gemeinschafts-kunde, Geographie oder Wirtschaft und Recht, Religionslehre oder Ethik und Sport.

  2. Wahlpflichtbereich mit: (je fünfstündig)

    1. als Leistungskurs 1 ein beliebiges Fach aus dem Pflichtbereich oder Fremdsprache B

    2. als Leistungskurs 2 jedes andere Fach aus dem Pflichtbereich

Aus diesem Modell der Neustrukturierung ergeben sich drei Kombinations-möglichkeiten:

  1. Zwei Nebenfächer als Leistungskurse
  2. Zwei Hauptfächer als Leistungskurse
  3. Ein Hauptfach und ein Nebenfach als Leistungskurse

Die Abiturprüfung umfasst fünf Prüfunsgfächer. Bei allen drei Kombinations-möglichkeiten sind die Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache A, sowie ein Fach der Gesellschaftswissenschaften in jedem Fall Bestandteil der Abiturprüfungen. Das fünfte Prüfungsfach ist frei wählbar. Im Vergleich zum Status quo erhalten die Gesellschaftswissenschaften dadurch eine deutliche Aufwertung. Selbstverständlich werden auch weiterhin beide Leistungskurse im Abitur geprüft.

Die Wochenstundenzahl des erweiterten Kurssystem überschreitet nicht die Wochenstundenzahl des Modells des Kultusministeriums.

Die F.D.P. Baden-Württemberg fordert die F.D.P./DVP-Landtagsfraktion auf, der vom Kultusministerium geplanten Oberstufenreform nicht zuzustimmen und das Modell des erweiterten Kurssystems zu unterstützen.