Thesen der FDP zur Kinder- und Jugendpolitik

(Beschluss des 82. Ordentlichen Landesparteitages am 5. Januar 1993 in Stuttgart)

Unsere Gesellschaft steht im Hinblick auf die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen und sozialen Aktivitäten vor einer ihrer größten Herausforderungen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland.

Die Situation vieler junger Menschen in unserer Gesellschaft ist heute geprägt von einerseits hohen Leistungsanforderungen und hoher Leistungsbereitschaft und andererseits von zunehmender Erlebnisarmut und Reizüberflutung. Individualisierung und Vereinsamung sind dabei zwei Seiten einer Medaille. Damit einher geht ein tiefgreifender Vertrauensverlust in Politik, staatliche Verwaltung und gesellschaftliche Einrichtungen.

Nach Meinung der F.D.P. nimmt die Jugendpolitik im Lande Baden-Württemberg nicht den ihr gebührenden Rang ein. In einer Vielzahl von Fällen scheinen die Jugendlichen erst dann ins Blickfeld zu rücken, wenn sie sich bereits im Vorfeld von Straftaten bewegen. Die F.D.P. steht auf dem Standpunkt, dass auch auf dem Gebiet der Jugendpolitik der Grundsatz gilt: Vorbeugen ist besser als heilen. Straftäter und verhaltensauffällige Jugendliche fallen nicht vom Himmel, sondern haben meist eine längere negative Karriere hinter sich. Auch das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz setzt schwerpunktmäßig auf präventive Maßnahmen, um das Recht des Kindes auf persönliche Entfaltung zu sichern.

Die F.D.P. will daher erreichen, dass verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche möglichst frühzeitig bemerkt und effektiv betreut werden. Dazu bedarf es eines guten Zusammenspiels aller in der Erziehung, Familienberatung und Therapie Tätigen. Darüber hinaus müssen zur Verhinderung von Verhaltensauffälligkeiten Strukturverbesserungen im Umfeld der Jugendlichen erfolgen.

  1. Erziehung und Betreuung

Die Situation der heutigen Familie ist nicht zuletzt durch ihre zunehmende Instabilität geprägt. Es ist deshalb notwendig, die erzieherischen Kräfte der Familie so zu stärken, dass dabei die Eigenverantwortlichkeit aller Beteiligten nicht geschwächt wird. Viele Familien sind heute mit der Erziehung überfordert. Dieser Zustand ist eng damit verbunden, dass unserer pluralistischen Gesellschaft die Bedeutung von klaren Erziehungszielen teilweise verloren gegangen ist. Es ist daher notwendig, wieder einen Konsens über Erziehungsziele zu erreichen. Für die F.D.P. sind wichtige Erziehungsziele

- die Erziehung zur Toleranz und Achtung der Menschenwürde,

- die Entwicklung zu einer Persönlichkeit, die bereit ist, Herausforderungen anzunehmen,

- dem Einzelnen seine Grenzen aufzuzeigen und ihn zu befähigen, sich mit Konflikten und Aggressionen konstruktiv auseinander zusetzen,

- der Überbewertung materieller Lebensziele entgegenzuwirken,

  1. Einkommensschwache Familien und Alleinerziehende können die Erziehung und den Einkommenserwerb nur schwer miteinander vereinbaren. Viele Alleinerziehende sind deshalb auf Sozialhilfe angewiesen. Ein über der Sozialhilfe liegendes Einkommen ist für diesen Personenkreis nur zu erzielen, wenn die Kinderbetreuung während ihrer Berufstätigkeit gesichert ist. Vor allem muss das Betreuungsdefizit nach Auslaufen des Mutter-Kind-Modells geschlossen werden.

b) Der Kindergarten hat heute nicht primär einen bewahrenden, sondern in erster Linie einen erzieherischen Auftrag. Deshalb sind nicht nur einkommensschwache Familien auf eine Kinderbetreuung angewiesen. Alle Kinder müssen soziales Verhalten mit anderen Kindern einüben.

Die F.D.P. fordert daher

- die Sicherstellung der Kinderbetreuung auf Wunsch der Eltern bis mindestens zum 12. Lebensjahr, und zwar

- die Sicherstellung der Kinderbetreuung bis zum 3. Lebensjahr in Kinderkrippen und durch Tagesmütter, wobei in diesem sensiblen Alter möglichst kein Wechsel der Bezugspersonen eintreten darf. Deshalb muss auch die Tätigkeit der Tagesmütter durch gesetzliche Rahmenbedingungen (Qualifikationsnachweis, Versicherungsschutz in der Sozialversicherung) aufgewertet werden. Die Eignung der Tagesmütter sollte sich an den geltenden Richtlinien für Pflegeeltern orientieren. Fortbildung und Praxisanleitung müssen auch hier gewährleistet werden.

Die F.D.P. fordert weiter,

- dass die Qualität der Kindergartenarbeit nicht durch zu große Gruppen leidet und außerdem Möglichkeiten für die Kleingruppenbetreuung bestehen, um verhaltensauffälligen Kindern eher gerecht zu werden. Die Zusammenarbeit von Kindergarten und Eltern sollte sich zunehmend auch auf die Übernahme von Einzelaufgaben im Kindergarten durch Eltern erstrecken.

- dass sämtliche Kinderbetreuung vom Land mit 35 % der Personalkosten bezuschusst wird und für den Rest, abgesehen von den Elternbeiträgen, die Kommunen aufkommen. Die Höhe der Elternbeiträge hat sich am Einkommen der Eltern zu orientieren. Vermögende Eltern können durchaus die vollen Kosten der Kinderbetreuung bezahlen.

- dass bei Lehrplanrevisionen der erzieherische Auftrag der Schule im inhaltlichen und didaktischen Bereich angemessene Beachtung findet. Bei der Aufstellung der Lehrpläne sind Entwicklungspsycho- logen beizuziehen.

  1. Freizeitverhalten der Jugendlichen und Jugendarbeit
  2. Die F.D.P. kritisiert, dass es die Landesregierung bislang unterlassen hat, die vom Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes geforderten ergänzenden Regelungen für offene Jugendarbeit durch ein Ausführungsgesetz des Landes zu normieren. Es fehlen Bestimmungen über die Beschreibung der Jugendarbeit, über die Träger und die Finanzierung der Arbeit. Ferner sollte die Fortbildung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter geregelt werden. Für Jugendliche, die in der Verbandsjugendarbeit keinen richtigen Anschluss finden, sind offene Angebote zu schaffen. Dies gilt insbesondere für Jugendliche, die sich entsprechend ihrer Entwicklung in Cliquen zusammenschließen, die für das weitere Schicksal des Jugendlichen oft entscheidenden Einfluss haben können.

    Der gesamte Lebensraum, insbesondere der Stadtkinder, ist durch die starke Bebauung und die Bedrohung durch den Verkehr sehr eingeengt. Ferner leiden die Kinder, die in kleinen Wohnungen aufwachsen, zusätzlich unter fehlenden Betätigungsmöglichkeiten in der Freizeit. Dazu kommt noch, dass der gesamte Lebensraum weitgehend durch äußere Umstände geregelt ist, die den Erlebnishorizont schmälern. Bisherige Formen der Jugendarbeit entsprechen häufig nicht mehr den heutigen Interessen und Bedürfnissen junger Menschen. Neue Konzepte müssen deshalb auf die veränderten Lebenswirklichkeiten eingehen. Dabei nehmen langfristige Bindungen ab. Der Trend geht hin zu projektgebundener Arbeit. Jugendarbeit und Jugendförderung müssen diese Tatsache anerkennen und sich darauf einstellen.

    Die F.D.P. fordert daher,

    - den baldigen Erlass eines Kinder- und Jugendförderungsgesetzes, das in Ergänzung der §§ 11 ff. KJHG des Bundes die Inhalte und Ziele der Jugendarbeit zur Sicherung der Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen umschreibt und sowohl die Erziehungs- als auch die Bildungsangebote umfasst; die Angebote müssen die Gleichstellung der Geschlechter sicherstellen und noch vorhandene Defizite in der weiblichen Jugendarbeit abbauen.

    - dass das zu erlassende Kinder- und Jugendförderungsgesetz die einzelnen Aufgabenfelder der Kinder- und Jugendarbeit in Ergänzung des § 11 Abs. 3 KJHG für die verschiedenen Formen der Jugendarbeit im einzelnen beschreibt und die sachliche und personelle Mindestausstattung der vorzuhaltenden Einrichtungen im Gesetz festlegt.

    - dass bei der Sicherstellung der Jugendarbeit im Verhältnis Land/Kommunen zur Verbandsarbeit der freien Träger das Subsidiaritätsprinzip gewahrt und die Pluralität der Träger gewährleistet wird.

    - dass die Jugendverbände eine demokratische Gliederung haben müssen und die Mitbestimmung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KJHG im Landesgesetz näher beschrieben wird.

    - dass in Ausführung des KJHG das Landeskuratorium für außerschulische Jugendbildung in einen Landesbeirat für Kinder- und Jugendhilfe umgewandelt wird, dessen Aufgabe es ist, darauf hinzuwirken, positive Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche zu erhalten und zu schaffen. Der Landesbeirat soll die obersten Landesjugendbehörden und das Parlament beraten und insbesondere Initiativen zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen. Der Landesbeirat für Jugendhilfe soll sich zusammensetzen aus je einem Mitglied der im Landtag vertretenen Fraktionen, je einem Vertreter der obersten Landesjugendbehörden, der überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, der kommunalen Vertretungskörperschaften, der Landeszentrale für politische Bildung, des Landesjugendrings, der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten, der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und der Jugendbildungsstätten. Sachverständige können hinzugezogen werden.

    - dass ein Landesjugendbericht erstellt wird, den die Landesregierung jährlich dem Landtag mit einer Stellungnahme des Landesbeirats vorlegt. Der Bericht soll die Lage der Kinder und Jugendlichen und die Leistungen und Bestrebungen der Jugendhilfe im Lande darstellen. Neben der Bestandsaufnahme soll der Bericht auch Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe in Baden-Württemberg beinhalten. Die Landesregierung beauftragt mit der Ausarbeitung des Berichts jeweils eine Kommission, der bis zu 7 Sachverständige angehören. Die Landesregierung fügt eine Stellungnahme mit den von ihr für notwendig gehaltenen Maßnahmen bei. Dabei ist vor allem auch die weitere Entwicklung des Landesjugendplans zu berücksichtigen.

    - dass Jugendakademien zur Fort- und Weiterbildung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter in der verbandsgebundenen und offenen Jugendarbeit eingerichtet werden.

    - dass eine Überprüfung der finanziellen Förderung der Jugendarbeit auf der Grundlage des KJHG mit dem Ziel einer sachgerechten Förderung sowohl der offenen als auch der Verbandsjugendarbeit erfolgt.

    - dass dabei Konzepte für eine integrierte Jugendarbeit entwickelt werden, die eine Verbindung von Vereinsjugendarbeit und offener Jugendarbeit schafft. Die öffentliche Förderung soll sich dabei stärker als bisher daran ausrichten, wie Potentiale der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Ergänzung der Freizeitangebote besser genutzt werden können.

    - dass klare gesetzlicher Vorgaben über den Umfang der Finanzierung der Jugendarbeit und die finanzielle Mindestausstattung nach einem bestimmten Schlüssel (Zahl der Kinder und Jugendlichen oder ähnliches) getroffen werden und Bestimmungen auch darüber erlassen werden, wie sich die Finanzierungsanteile in den verschiedenen Ebenen auf Land und Kommunen verteilen.

    - dass auch nicht in Verbänden zusammengeschlossene Jugendliche mehr Mitwirkungsrechte bei Entscheidungen erhalten, die sie betreffen, z.B. als Beiräte in Jugendhäusern, als sachverständige beratende Mitglieder in Kommunalvertretungen und in Jugendhilfeausschüssen.

    - dass eine kinder- und jugendfreundliche Kommunalplanung mit angemessenen Freiräumen für Kinder und Jugendliche sichergestellt wird, so dass sich diese altersgerecht und mehr nach ihren Vorstellungen entfalten können.

    - dass eine ausreichende Versorgung der Ballungsgebiete mit Kinder-, Abenteuerspielplätzen und Spielstraßen erfolgt.

    - dass mehr Jugendhäuser und Jugendtreffs unter fachkundiger Leitung geschaffen werden und eine Effizienzanalyse bestehender Einrichtungen erfolgt.

    - dass Schulhöfe und Schulräume für Veranstaltungen von Jugendlichen freigegeben werden.

    - dass beschütztes Wohnen für Jugendliche ermöglicht wird, die bei ihren Eltern kein Zuhause mehr haben, indem die Kommunen für diese Jugendlichen Wohnungen anmieten und die Jugendlichen durch einen Sozialarbeiter betreuen, um die Fälle einer Heimerziehung zu reduzieren.

    - dass ein intensiver Ausbau der Streetworker-Tätigkeit angestrebt wird, die sich verhaltensauffälliger Jugendlicher annimmt.

    - dass preiswerte Urlaubsmöglichkeiten für einkommensschwache Familien durch Erhöhung der Zuschüsse des Landes bei der Familienerholung geschaffen werden und mehr Zuschüsse für die Sanierung der Familienferienstätten freier Träger gegeben werden.

  3. Verbesserte Rechtsstellung der Familie
  4. Die F.D.P. stellt fest, dass dem Erfordernis des Artikel 6 Grundgesetz zwar im Hinblick auf die Ehe, nicht aber auf die Familie Rechnung getragen worden ist. Vor allem bei der jüngeren Generation bestehen zahlreiche nichteheliche Lebensgemeinschaften; ferner nimmt die Zahl unvollständiger Familien zu. Deshalb ist es notwendig, dass die Gesetzgebung endlich die Benachteiligung nichtehelicher Kinder beseitigt. Die F.D.P. fordert daher,

    - dass nicht verheirateten Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder gemeinsam zustehen kann.

    - dass das Umgangsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils bei nichtehelichen Kindern dem Umgangsrecht bei ehelichen Kindern gleichgestellt wird.

    - dass die Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Erbrecht beseitigt werden.

    - dass das Steuerrecht familiengünstiger ausgestaltet und das Ehegattensplitting zugunsten eines Familiensplitting geändert wird.

    - dass Steuerfreibeträge für Kinder sich stärker an den tatsächlichen Aufwendungen für Kinder orientieren und bei notwendiger Fremdbetreuung der Kinder die Aufwendungen hierfür voll von der Steuer abgesetzt werden können.

  5. Kinder und Abhängigkeiten (Sucht)

Nach den Feststellungen von Sachverständigen wird das Suchtverhalten bereits und fast ausschließlich im jugendlichen Alter (bis zum 25. Lebensjahr) entwickelt. Deshalb ist es besonders wichtig, die Suchtprophylaxe bei Jugendlichen zu verstärken. Die F.D.P. fordert daher

- dass die assoziierende Werbung bei Alkohol und Nikotin gänzlich verboten wird.

- dass in Schulen das Rauchen auch für Lehrer nicht gestattet wird, um dem Vorbildcharakter der Erziehung Rechnung zu tragen.

- dass vermehrt für alkoholfreie Getränke geworben und über die Gastronomieverbände darauf hingewirkt wird, dass nicht Bier zum sogenannten Billiggetränk wird.

- in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung darauf hinzuwirken, dass die Psychopharmaka an Jugendliche und Kinder nur sehr zurückhaltend verschrieben werden.

- dass spezielle Angebote für Kinder drogensüchtiger Eltern entwickelt werden.

- dass die notwendigen ambulanten Therapieeinrichtungen vor Ort vorhanden sind und die sonstige Suchtarbeit einschließlich der Arbeit der Beratungsstellen besser koordiniert wird.

- dass die Suchtaufklärung an Schulen auf ihre Effizienz überprüft wird, die Lehrer für die Aufklärung besser ausgebildet werden und die Aufklärung an Schulen vermehrt durch besonders geeignete Personen außerhalb der Schule (Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, ehemalige geheilte Drogensüchtige etc.) ergänzt wird.

- dass vermehrt Streetworker eingesetzt werden, die Jugendcliquen und sonst nicht erreichbare jugendliche Suchtgefährdete und deren Familien ansprechen.

  1. Gewalt gegen und sexueller Missbrauch von Kindern
  2. Nach der Meinung von Sachverständigen ist die Misshandlung Minderjähriger, vor allem in der eigenen Familie, in der Bundesrepublik noch weitgehend ein Tabuthema. Deshalb lässt die Bekämpfung dieser Misshandlungen sehr zu wünschen übrig. Allerdings müssen bei dieser Bekämpfung die Zielkonflikte innerhalb des Familienverbands beachtet werden und mögliche Therapien einer Bestrafung vorgehen. Die F.D.P. fordert - der seelischen Misshandlung von Kindern gleiches Gewicht wie der körperlichen Misshandlung zuzumessen und daraus auch hinsichtlich der Bestrafung und der Notwendigkeit von Therapien die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

    - eine generelle Meldepflicht von Kindesmisshandlungen gegenüber dem Jugendamt.

    - bei Gewalthandlungen in der Familie vorzusehen, dass eine Familientherapie vor einer Bestrafung den Vorrang hat, wenn das Kind in der Familie belassen werden kann.

    - Eltern und deren Kinder schon im Kindergartenalter über Gewalt und die Möglichkeiten, sexuellen Missbrauch abzuwehren, aufzuklären und Eltern und Kindern die für sie erreichbaren Hilfen zu vermitteln, wobei die Einrichtung von entsprechenden Zufluchts- und Beratungseinrichtungen zu fördern sind.

    - in Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft ein Konzept zu entwickeln, das die Verunsicherung der Ärzte beim Umgang mit Kindesmisshandlungen abbaut.

    - in den Lehrplänen der erzieherischen und ärztlichen Berufe die Methoden der Diagnostik, Vorbeugung und Bekämpfung der Kindesmisshandlungen stärker zu verankern.

    - auf die Medien nachhaltig einzuwirken, dass sie sich ihrer Verantwortung für Kinder und Jugendliche stellen und insbesondere jugendgefährdende Gewaltsendungen erheblich einschränken.

    - den sexuellen Missbrauch von Kindern, der von Deutschen im Ausland begangen wird, einer Inlandstraftat gleichzustellen.

  3. Kinderpornographie

Das Bundeskriminalamt rechnet damit, dass mit Kinderpornographie in der Bundesrepublik ein Jahresumsatz von 400 Mio. DM erzielt wird und ca. 30 000 Sammler von Kinderpornos existieren. Leider wird dieser Videobedarf entsprechend befriedigt. Da der seelische Schaden an Kindern, die für Kinderpornographie missbraucht werden, groß ist, fordert die F.D.P. eine schärfere Bekämpfung der Kinderpornographie und verlangt dabei

  1. in der Öffentlichkeit bewusst zu machen, dass die Gesellschaft durch den Kauf von Kinderpornographie erst die Voraussetzungen für die Herstellung dieser Pornos schafft.
  2. die derzeitigen Gesetzesvorhaben zur schärferen Bestrafung der Kinderpornographie und des Besitzes von Kinderpornographie rasch umzusetzen und dabei auch vorzusehen, dass die Einziehung kinderpornographischen Materials und die vollständige Abschöpfung des mit der Pornographie erzielten Gewinnes als Mussvorschrift ausgestaltet wird.
  3. die Zusammenarbeit zwischen Post und Staatsanwaltschaft bei der Bekämpfung des pornographischen Versandhandels zu verbessern.
  1. Jugendliche Straftäter

Die F.D.P. stellt mit Besorgnis fest, dass nach einer Zeit gewisser Rückläufigkeit die Zahl jugendlicher Straftäter einschließlich der Rückfalltäter wieder steigt, wobei die jährliche Zunahme der Gewalt- und Drogentäter mit fast 9 % doppelt so hoch ist wie die Zunahme bei den sonstigen Straftätern. Diese Entwicklung hat viele Ursachen, zeigt aber deutlich, dass die Jugendlichen mit ihren Aggressionen immer weniger fertig werden. Bedauerlich ist, dass sowohl die kommunale Jugendhilfe als auch die Einrichtungen der Freien Wohlfahrtsverbände gegenüber Gewalttätern gewisse Berührungsängste haben und dieses Feld weitgehend der Polizei und der Justiz überlassen. Gewalt und der Umgang mit Drogen wird vom Umfeld "gelernt". Deshalb hat jeder jugendliche Straftäter auf diesem Gebiet seine Entwicklungsgeschichte, die es ins Positive umzukehren gilt.

Die F.D.P. fordert daher,

- dass nach der Straf- oder Therapiemaßnahme eine Rückkehr in gefährdende alte Lebensfelder, insbesondere in zu Straftaten neigende Cliquen vermieden wird, indem den Jugendlichen an einem anderen Ort eine Wohnmöglichkeit und eine Arbeitsstelle vermittelt wird.

- dass für die Nachbetreuung dieser Jugendlichen im Bedarfsfall neue Wohngemeinschaften angeboten werden und die Nachbetreuung von Straf- und Drogentätern generell verbessert wird.

- dass bereits im Vorfeld durch Streetworker versucht wird, problematische Cliquen positiv zu beeinflussen und neben der seitherigen Individualtherapie auch eine Gruppentherapie der Cliquen betrieben wird.

- dass bei jugendlichen Straftätern der Täter-Opfer-Ausgleich und die Wiedergutmachung völlig im Vordergrund stehen und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass anstelle eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Möglichkeiten zur Schadenswiedergutmachung angeboten werden.

  1. Sicherstellung einer effizienten Jugendpolitik

Kinder und Jugendliche haben keine ausreichende Lobby. Deshalb ist es dringend notwendig, dass auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Gremien vorhanden sind, die sich besonders als "Anwalt des Kindes" verstehen. Ferner muss die Arbeit der für Kinder und Jugendliche zuständigen Stellen besser vernetzt werden und in diese Koordinierung auch die Arbeit der Freien Wohlfahrtsverbände einbezogen werden. In jeder Kommune sollte eine Anlaufstelle vorhanden sein, die die entsprechenden Dienste für Eltern und Kinder vermittelt.

Die F.D.P. fordert

- dass dem Landtag jährlich ein Bericht zur Situation der Kinder und Jugendlichen vorgelegt wird und dieser Bericht auch Vorschläge für eine Verbesserung der Jugendarbeit macht.

    1. die Jugendämter in die Planungen und sonstigen jugendrelevanten Maßnahmen anderer kommunaler Behörden stärker eingeschaltet werden,

b) die Kommunen prüfen, inwieweit sie ein besonderes für die Jugendpolitik zuständiges Gremium des Gemeinderats und/oder einen sogenannten Jugendlichengemeinderat einrichten, in dem die Kinder und Jugendlichen unmittelbar agieren können,

c) Eltern und Elternverbände bei Maßnahmen der Jugendpolitik eventuell durch Schaffung besonderer Gremien stärker beteiligt werden,

d) die Arbeit an der Jugend vor Ort besser koordiniert wird und für Eltern und unabhängig von den Eltern auch für die Kinder und Jugendlichen eine direkte Anlaufstelle besteht, die die notwendigen Hilfen, insbesondere bei akuten Notständen rasch vermittelt.