Mittelstand - Motor unserer Wirtschaft

(Beschluss des Landeshauptausschuss am 7. Februar 1998 in Crailsheim)

Die mittelständischen Unternehmen in Industrie, Handel, Handwerk und Freien Berufen sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. In diesen Unternehmen arbeiten rd. 75 % aller in der Privatwirtschaft sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Der Mittelstand erbringt 80 % aller Ausbildungsleistungen und über 50 % der Bruttowertschöpfung von Unternehmen.

Deshalb muss sich die Wirtschaftspolitik stärker um die Belange der mittelständischen Unternehmen kümmern; Mittelstandspolitik muss mit Leben erfüllt werden.

Die F.D.P./DVP Baden-Württemberg schlägt hierfür folgende Maßnahmen vor:

Bürokratielasten endlich senken !

Der Mittelstand trägt den Hauptteil der Bürokratielasten. Denn während auf ein Kleinunternehmen (19 Beschäftigte) eine durchschnittliche Belastung mit Bürokratiekosten pro Arbeitsplatz in Höhe von fast 7.000 DM entfällt, sind es bei einem durchschnittlichen Großunternehmen (mehr als 500 Beschäftigte) nur 300 DM, d.h., die Belastung von Kleinunternehmen ist bezogen auf die Bürokratiekosten je Arbeitsplatz um ein zweiundzwanzigfaches höher.

Die F.D.P/DVP Baden-Württemberg wird sich daher mit aller Kraft dafür einsetzen, dass bürokratische Hemmnisse und die Regelungsdichte abgebaut und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Sie schlägt konkret vor:

So sollen im Baubereich Ingenieure oder Architekten einen Zuverlässigkeits-Nachweis erwerben und dann Projekte eigenständig genehmigen. Mit dieser Auditierung, die sich bereits im Umweltbereich bewährt hat, könnten komplizierte Verwaltungsverfahren entfallen.

Betriebe, die ein Öko-Audit vorlegen, werden von der Regelüberwachung für zwei Jahre ausgenommen.

Ziel muss es sein, die Bürokratielasten für den Mittelstand innerhalb von drei

Jahren um mindestens 20 % zurückzuführen.

Mittelstand entlasten durch Senkung von Steuern und Abgaben !

Auch das Steuerrecht hat sich zunehmend zu einer Sonderlast für den Mittelstand entwickelt. So betrug 1995 die Steuerquote von Großunternehmen 39,4 %. Die Quote der kleineren Unternehmen lag dagegen im gleichen Jahr bei 43,2 %.

Besonders international operierenden Großunternehmen ist es gelungen, ihre Steuerbelastung drastisch zu reduzieren.

Nach der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer setzt sich die F.D.P./DVP Baden-Württemberg weiterhin für die Anschaffung der gesamten Gewerbesteuer ein.

Die F.D.P./DVP Baden-Württemberg tritt daher für die Umsetzung der "Petersberger Steuervorschläge" vom 22. Januar 1997 ein, die Grundlage der Steuerreform sind und von der SPD-Mehrheit im Bundesrat blockiert werden.

Anstieg der Lohnzusatzkosten brechen !

Gerade der personalintensive Mittelstand erfährt durch die rein arbeitslohnbezogene Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme eine besondere Belastung.

Die F.D.P. tritt dafür ein, dass Eigenvorsorge und Selbstverantwortung und nicht staatliche Bevormundung und Versorgungsmentalität die Leitlinien einer künftigen Gestaltung unseres sozialen Systems werden müssen. In diese Richtung muss das System rasch umgebaut werden.

Den Innovationsträger Mittelstand stärken !

Angesichts eines immer rasanter werdenden Strukturwandels und einer zunehmenden Innovationsdynamik wird die verbesserte Nutzung der innerbetrieblichen als auch der externen Innovationspotentiale immer wichtiger. Deshalb begrüßt die F.D.P. alle Anstrengungen der Landesregierung, die hervorragende Forschungs- und Technologietransferinfrastruktur des Landes trotz der Einsparungsnotwendigkeiten aufrechtzuerhalten. Hierzu zählt die Förderung von Verbundprojekten im Rahmen der "Zukunftsoffensive Chancen für die junge Generation" und die Wiederaufnahme des Programms C1, das besonders risikoreiche Entwicklungsvorhaben kleiner und mittlerer Unternehmen unterstützt.

Darüber hinaus müssen aber die Strukturen der Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Betrieben ohne eigene Entwicklungsabteilung, und der Wissenschaft und Forschung verbessert werden. Um das vorhandene externe Innovationspotential noch besser als bisher für den Mittelstand auszuschöpfen, müssen mittelständische Unternehmen und anwendungsnahe Forschungseinrichtungen in innovative Netzwerke eingebunden werden. Um dieses Defizit wirksam beseitigen zu können, fordert die F.D.P die Landesregierung auf, ein Innovationsassistenen-Programm aufzulegen, das den Einsatz von wissenschaftlich ausgebildeten Nachwuchskräften in kleinen und mittleren Unternehmen zeitlich befristet unterstützt.

Selbständigenquote erhöhen !

Die derzeitige Selbständigenquote in Baden-Württemberg von 10 % muss auf 15 % erhöht werden. Zinsgünstige Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen, Gründerverbünde auf dem Campus und der Gründung eines Venture-Capital-Fonds. Daher unterstützt die F.D.P nachdrücklich die Existenzgründungs- und Übernehmeroffensive der Landesregierung mit ihren Kernelementen: Information, Beratung, Qualifizierung, verbesserte finanzielle Förderung. Um das von der Übernahmeproblematik besonders betroffene Handwerk zu unterstützen und die überdurchschnittlichen Anstrengungen von Handwerksmeisterinnen und -meistern bei der Weiterbildung zu honorieren, hält die F.D.P die Einführung einer fakultativen Meistergründungsprämie als Alternative zur konventionellen Darlehensförderung für wünschenswert.

Die duale Berufsausbildung durch schulische Modernisierung stärken !

Durch verstärkte Vermittlung von überfachlichen Qualifikation (Schlüsselqualifikationen) und durch Qualifizierung in den neuen Technologien sollen allgemeinbildende und berufliche Schulen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufsausbildung verbessern. Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer zur Steigerung der Fachkompetenz in den modernen Technologien sollen auch das Angebot von Zusatzqualifikationen wie "Management im Handwerk", "Kundenservice und Beratung", "Wirtschaftsenglisch" umfassen.

Um der größer werdenden Gruppe von jungen Menschen, der ein unmittelbarer Einstieg in eine Berufsausbildung nicht gelingt, helfen zu können, bedarf es erheblicher Anstrengungen von schulischer Seite. Insbesondere sind landesweit berufsvorbereitende Projekte zur Sicherung der Ausbildungsreife sowie zur Erweiterung des Berufswahlspektrums erforderlich.

Auf Bundesebene hat die Weiterentwicklung der dualen Berufsausbildung einige Fortschritte gebracht:

Um auch den mehr praktisch begabten Jugendlichen, die an hohen theoretischen Anforderungen scheitern, eine Berufsfähigkeit zu eröffnen, müssen gestufte Ausbildungsgänge entwickelt werden. Dabei müssen anschließend Arbeitsverhältnisse grundsätzlich auf jedem Qualifikationsniveau der Weiterqualifizierung offen stehen. Die Anstrengungen des Landes sollten sich auch auf die Entwicklung dieser gestufter Ausbildungsgänge richten.

Einbeziehung der kleinen und mittleren Unternehmen in die neuen Medien

verstärken !

Die kleinen und mittleren Betriebe müssen stärker in den technischen Fortschritt der neuen Medien einbezogen werden, damit sie im internationalen Wettbewerb bestehen können. Hierzu sollen auch neue Kooperationsformen zur Erschließung neuer Märkte und Sicherung bestehender Märkte geschaffen werden.

Die F.D.P. unterstützt insbesondere die Initiativen, die der Wirtschaftsminister hierzu auf den Weg gebracht hat. Es handelt sich um folgende Projekte: Telekooperation in der Baubranche, Telemarkt Regional (Karlsruhe), Online-Marktplatz (Region Stuttgart), Wirtschafts-Online, Medienkommunikation im Verbund, verteiltes Engineering, Fernwartung, Fernsteuerung und Ferndiagnose im Elektrohandwerk, Serviceinitiative Maschinenbau.

Fördersätze für überbetriebliche Ausbildung erhalten !

Die F.D.P. wird in der Koalition sicherstellen, dass die überbetrieblichen Ausbildungslehrgänge trotz der dramatischen Haushaltssituation des Landes auf dem bisherigen Niveau weiter gefördert werden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können die vom Staat eingeforderten Ausbildungsleistungen nur erbringen, wenn diese Lehrgänge in vollem Umfang erhalten bleiben. Sie sind auch ein ganz wichtiger Beitrag dafür, dass Lehrstellenbewerber einen Ausbildungsplatz erhalten.